Einen Abend voller Highlights erlebtendie gut 80 geladenen Gäste im Max-Dauthendey-Saal. Unumstrittener Höhepunkt war die Übergabe der Preise an die Künstlerinnen und Künstler durch die Expertenjury mit Achim Könneke, Kulturreferent der Stadt Würzburg, dem Künstlerehepaar Sonja Edle von Hoeßle und Herbert Mehler, Selbstvertreterin und Künstlerin Walburga Dirk und Kathrin Kreutzmann, Inspezientin am Mainfranken Theater.
Bewegende Worte fanden Künstler und Jury bei der Übergabe der mit je 200 Euro dotierten Anerkennungspreise: So lobte der renommierte Bildhauer Mehler die Skulptur von Dana Arnautu für die Emotion und Dynamik, die sie transportiert. Die Gemälde von Rolf Ansbach, mit denen er seine Krankheit Parkinson verarbeitet, begeisterten Edle von Hoeßle: „Sie zeigen den Verlauf der Erkrankung, die Stimmung zwischen tiefer Verzweiflung in den schlimmen, und neuer Hoffnung in den guten Phasen.“
Genesungsbegleiterin und Künstlerin Walburga Dirk lobte das Werk von Michaela Pfaff, das den Titel „Mein Gott ist in mir“ trägt: „Ich bin selbst Betroffene und kenne die Kraft, die man aus dem Glauben schöpfen kann – auch wenn es in den schlimmen Phasen der Erkrankung fast unmöglich scheint.“ In Abwesenheit ausgezeichnet wurden Pascal Emmanouilidis, der das Publikum mit einer emotionalen Hommage an seine Schwester berührte, und Ivo Koderhand, der aus Stein eine massive Burg geformt hatte.
Edle von Hoeßle zeigte sich fasziniert von den Werken der jungen Fotografin Vanessa Hauke: „Das sind wahrlich keine Schnappschüsse – die Motive sind tiefgründig, die Komposition perfekt.“ Barbara Maar erhielt ebenso viel Lob: „Ihre Skulptur ist mir bei der Auswahl sofort ins Auge gefallen – ein persönlicher Schrein, sehr besonders“, so Edle von Hoeßle. Der Publikumspreis, zu dem seit Beginn der Ausstellung rund 120 Stimmen im Lesecafé der Stadtbücherei abgegeben wurden, ging an Sonja Krause, die mit ihrem farbenfrohen Gemälde „negative Empfindungen in positive umwandelt“, so Krause.
Bemerkenswert und äußerst eindrucksvoll waren auch die musikalischen Preisträger: Christian Kamm schaffte es auf atemberaubende Weise, die Schizophrenie-Erkrankung zu vertexten und zu vertonen und damit auch Nicht-Betroffenen zugänglich zu machen. Tiefe Einblicke ins Seelenleben gewährte auch David Stühler, der den Preis für seinen emotionalen Rap „Portraitist“ erhielt. Mit weiteren Stücken führte er musikalisch durch das Programm.
Der 22-Jährige, der seit gut einem Jahr im Rehabilitationszentrum Haus St. Michael am Heuchelhof lebt, sorgte er für einen weiteren emotionalen Höhepunkt des Abends. Im Gespräch mit Moderator Frank Breitenstein erzählte er: „Das Haus St. Michael hat mich in die beste Form meines Lebens gebracht – vor allem was Struktur, Motivation und Ehrgeiz angeht. Durch die Reha bin ich wieder in die Spur gekommen.“ Das werde nun belohnt: „Ich habe gestern erfahren, dass ich ab Oktober einen Ausbildungsplatz antreten kann.“
Die Freude im Saal war groß, ist doch genau das Ziel des Rehabilitationszentrums Haus St. Michael, das den Wettbewerb ausgelobt hatte. In einer 16-monatigen Rehamaßnahme sollen Menschen mit psychischer Erkrankung zurück in ihr soziales und berufliches Leben finden. Schirmherrin Barbara Stamm, Landtagspräsidentin a.D. und Ehrenvorsitzende des Diözesancaritasverbandes Würzburg, die der Einrichtung seit Jahrzehnten verbunden ist, sagte: „Wir müssen lernen, nicht auf Defizite zu schauen, sondern Potentiale zu sehen.“
Menschen in psychischen Krisen bräuchten Menschen an ihrer Seite, die „eine warme Hand reichen“. Zustimmung bekam sie von Werner Scheller, Vorstandsvorsitzender des St. Josefs-Stift e.V.. Die mehr als 70 eingereichten Kunstwerke spiegelten die persönliche Situation der Betroffenen wider. „Sie sind Zeugnis von Schaffens- und Willenskraft, kreativen Talenten und – allen Widrigkeiten und Hürden zum Trotz – Lust am Leben“, so Scheller. Stefan Beil, Leiter der Agentur für Arbeit Würzburg, zeigte sich beeindruckt vom Mut der Künstler, deren Werke auch ein Akt der Selbstoffenbarung seien: „Für mich sind Sie alle Superhelden.“
In seiner Festrede resümierte Dr. Thomas Schmelter, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie: „Es geht in der Psychotherapie nicht nur geradeaus, es gibt Höhen und Tiefen, aus Fehlern lernt man und wir Therapeuten dürfen nie vergessen, wie groß die Herausforderungen für unsere Klienten sind.“
Die Ausstellung mit mehr als 30 Kunstwerken ist noch bis 19.10. im Lesecafé der Stadtbücherei zu sehen. Ermöglicht wurde sie durch Förderer und Sponsoren: Die Edeka-Frischemärkte Trabold und Vermop haben die Einrichtung als Hauptsponsoren unterstützt. Darüber hinaus haben Beckhäuser Personal & Lösungen, win gGmbH, AHV, MW-Vertrieb, Brügelmann, Chef’s Culinar, Cummins, prosum und die Frische-Union das Konzept unterstützt. Das Kunstprojekt „Schutzengel & Superhelden“ wird außerdem gefördert von der Inklusionsstelle der Stadt Würzburg, der Sparkasse Mainfranken und der Caritas-Stiftung.
Über das Erthal-Sozialwerk
Das Erthal-Sozialwerk hat sich zur Aufgabe gemacht, Menschen mit psychischer Erkrankung oder Behinderung ein selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu ermöglichen. Mit vielfältigen, differenzierten Angeboten in den Bereichen Wohnen, Arbeiten, Begegnung, Beratung und Rehabilitation trägt es seit 1996 dazu bei, die Lebensqualität der betroffenen Menschen zu verbessern und deren Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Die Einrichtungen und Dienste des Erthal-Sozialwerks befinden sich in Stadt und Landkreis Würzburg, im Landkreis Main-Spessart und in der Stadt Aschaffenburg. Heute sind das St. Josefs-Stift Eisingen e.V. und der Caritasverband für die Diözese Würzburg e.V. zu gleichen Teilen Gesellschafter der gemeinnützigen GmbH Erthal-Sozialwerk.
Melissa Hager