Zweimal im Jahr trifft sich satzungsgemäß das „Parlament“ der unterfränkischen Caritas zu Beratungen, Austausch und Entscheidungen. Die Vertreterversammlung führt Verantwortliche aus allen Bereichen des Verbandes und des karitativen Engagements im Bistum Würzburg zusammen.
Domkapitular Clemens Bieber begrüßte im Namen des Vorstandes die anwesenden Frauen und Männer am Freitag, 19. Juli, im großen Seminarraum des Caritashauses.
Mach mal Pause
Seinen geistlichen Impuls stellte Bieber angesichts der nahenden Ferien- und Urlaubszeit unter das Motto „Mach mal Pause“. Es sei, so Bieber, ein Merkmal der Christen und ihrer Kultur, den Alltag zu unterbrechen. Dabei gehe es nicht allein darum, neue Kraft zu schöpfen, um wieder fit zu sein für die anstehende Arbeit. „Pausen sind Unterbrechungen, die uns die Chance eröffnen, das Wesentliche und die Fundamente in den Blick zu nehmen“, so Bieber. Die Frage laute, was uns Menschen Halt biete. Christen sollten Widerstand leisten gegen eine Rund-um-die-Uhr Mentalität, die sich in der Ausweitung von Ladenöffnungszeiten und mehr verkaufsoffenen Sonntagen zeige. „Wenn wir es nicht schaffen, eine Sonntagskultur zu pflegen, müssen wir uns nicht wundern, wenn die Kirche an Attraktivität verliert“, mahnte Bieber und fragte: „Was haben wir denn noch zu bieten als Kirche?“ Strategien und Strukturen stünden permanent im Mittelpunkt, Inhalte kämen zu kurz.
Mit Blick auf die Umtriebigkeit erinnerte der Vorsitzende des Caritasverbandes an Evangelium von Martha und Maria. „Maria habe sich entschieden, das Wesentliche in den Blick zu nehmen.“
Bieber lud anschließend ein, die bevorstehende Urlaubszeit ebenfalls in diesem Sinne zu nutzen.
Umfangreiche Tagesordnung
Die umfangreiche Tagesordnung wurde sodann zügig und konsequent abgearbeitet. Dabei zeigte sich, dass die Caritas die Herausforderungen längst erkannt hat und konstruktive Schritte umsetzt. Mit Sorge sehe man die finanziellen Entwicklungen, hieß es aus den Reihen der Vertreterinnen und Vertreter. Clemens Bieber und Fachmann Manfred Steigerwald, zuständig für die Bereiche Personal und Finanzen, zeigten die Bemühungen um Einsparungen auf. „Jede Stelle, die im Haus frei wird, unterziehen wir einer kritischen Prüfung und entscheiden dann, ob eine Nachbesetzung erfolgt oder nicht.“ Dr. Rudolf Fuchs, Vorsitzender der Finanzkommission, verwies darauf, dass in Zukunft durch die Digitalisierung Einsparungen beim Personal möglich seien. Klar sein müsse jedoch, so Domkapitular Bieber, dass eine Geschäftsstelle immer abhängig ist von Kirchensteuermitteln. „Wir erwirtschaften kein Geld, sondern ermöglichen die Arbeit der Caritas vor Ort. Wir beraten, begleiten und unterstützen, sonst hätten es die Dienste und Einrichtungen oft schwer.“
In einem eigenen Tagesordnungspunkt wurde der Caritasrat durch die Vertreterversammlung entlastet.
Der Prozess geht weiter
Angela Lixfeld präsentierte Ergebnisse und weitere Schritte des Verbandsentwicklungsprozesses. Auch wenn die Phase der externen Begleitung abgeschlossen und bereits vieles umgesetzt worden sei, gehe der Prozess doch kontinuierlich weiter. Lixfeld erinnerte an die erfolgreiche Erarbeitung und Etablierung einer neuen und zeitgemäßen Satzung für den Diözesanverband. Gegenwärtig laufe die Umsetzung der Mustersatzungen in den Orts- und Kreisverbänden. „In wenigen Jahren ist eine Evaluation geplant. Dann werden wir schauen, ob alles in der Praxis passt oder ob nachjustiert werden muss“, so die Abteilungsleiterin und Juristin der Caritas. „Kindertageseinrichtungen als pastorale Orte“, das Projekt „SPIRE“, der neue Prozess „Lebendige Räume“ und nicht zuletzt das Angebot „Cura. Wellness und Spiritualität im Kurhaus Bad Bocklet“ seien konkrete Umsetzungen der im Prozess erarbeiten Visionen.
CURA Bad Bocklet
„Wir sind dabei, Angebote zu konzipieren, die grundsätzlich allen Menschen offen stehen, die neue Perspektiven und spirituelle Erfahrungen suchen und sich von der einzigartigen Verbindung von Körper, Geist und Seele inspirieren lassen wollen. Spezifisch richtet sich das Angebot an hauptberufliche und ehrenamtliche Mitarbeitende der Caritas, insbesondere auch an pflegende Angehörige“, so Dr. Stefanie Kainzbauer. Man sei im Gespräch mit den Krankenkassen, um finanziell attraktive Angebote machen zu können. Man sei ebenfalls mit dem Ministerium in Verhandlungen, um Zuschüsse für dieses Leuchtturmprojekt auszuloten, so Kainzbauer. In Bad Bocklet, einem traditionsreichen Kurhaus der Caritas Einrichtungen gGmbH, sollen Angebote geschaffen werden, die insbesondere Frauen und Männer in stark fordernden sozialen Berufen mit Wellness und spiritueller Begleitung für ihren Dienst am Menschen stärken.
Treffen mit dem Bischof
„Am 9. September werden sich die Verantwortlichen aus der Caritas in der gesamten Diözese mit Bischof Franz in Himmelspforten zum Gespräch treffen“, informierte Clemens Bieber die Vertreterversammlung. Im Blick auf die Zukunft ist die Akzentsetzung für den Dienst der Kirche und ihrer Caritas wichtig. „Deshalb setzen wir auf dieses Gespräch große Hoffnungen. Wir wollen dem Bischof zeigen, wie die Caritas in unserer Diözese die ihr zugewiesenen Aufgaben erfüllt, und dass sie mit den ihr zugewiesenen Geldern sorgsam umgeht und sehr viel für die Menschen in Unterfranken bewirkt.“ Ein Positionspapier und eine Präsentation seien bereits vorbereitet. „Letztlich muss der Bischof entscheiden, welche Prioritäten er setzen will“, so Domkapitular Clemens Bieber. Die Vertreterinnen und Vertreter wiesen darauf hin, dass die Caritas das Gute, das sie für die vielen Menschen tue, noch besser in die Öffentlichkeit bringen müsse. Zu oft seien es die Kritiker und Nörgler, die sich in Kirche und Gesellschaft Gehör verschafften.
Aktuelle Entwicklungen
Caritasdirektorin Pia Theresia Franke informierte über aktuelle Entwicklungen im Verband. „Zwei Mitarbeiterinnen unseres Hauses haben erfolgreich an einer Mentoringprogramm für Frauen in der Kirche teilgenommen“, berichtete Franke aus dem Projekt des Hildegardis-Vereins „Frauen steigen auf“. Es sei der Caritas ein wichtiges Anliegen, engagierte Frauen für Führungsaufgaben gut zu qualifizieren.
Franke informierte ebenso über das Digitalisierungsprojekt CD21. Hier warte der Verband mit dem Abschluss, bis wirklich alle gravierenden Mängel behoben seien. Immer mehr Einrichtungen der Caritas würden sich beteiligen, aber das führe mitunter zu großen technischen Herausforderungen für den Dienstleister. „Beim Projekt Sozialstationen NOW sehen wir hingegen erst positive Einsparungen, die durch Synergien und Skaleneffekte entstehen“, rief Franke ein kleineres Digitalisierungsprojekt der Caritas in Erinnerung, das seit einigen Jahren laufe.
Leider habe sie auch eine bedauerliche Nachricht, leitete Franke über zu den Entwicklungen im Bereich Migration und Asyl. „Wir können im kommenden Jahr dieses Angebot nicht mehr im vollen Umfang aufrechthalten. Die Caritas trägt seit Jahren 30 Prozent der Personal- und 100 Prozent der Sachmittelkosten“, so die Caritasdirektorin. Das sei nicht mehr zu stemmen. Gegenwärtig liefen in einigen Landkreise Verhandlungen mit den Landratsämtern, denn die Bereitschaft, den Menschen weiterhin zu helfen, sei seitens der Caritas nach wie vor groß.
Neben diesen Schwerpunkten stellte Abteilungsleiterin Angela M. Lixfeld Termine und Aktionen im Jubiläumsjahr „100 Jahre Caritasverband für die Diözese“ vor. Viel Anklang fand abschließend der neue Imagefilm des Deutschen Caritasverbandes „Cari Was?“.
„Wir wünschen Ihnen eine erholsame Zeit kreativer Pausen", verabschiedete Domkapitular Clemens Bieber im Namen des Vorstandes die Frauen und Männer der Vertreterversammlung und dankte für die große Aufmerksamkeit, die lebhaften Diskussionen und den konstruktiven Austausch.
Sebastian Schoknecht